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St. Peter in Ketten

St. Peter in Werl

Unter der Leitung des preußischen Regierungs-Baurats Franz von PelzerBerensberg entstand in den Jahren 1905 bis 1908 das Königliche Preußische Zentralgefängnis im Norden der Stadt Werl. Es lag damals noch in freier Feldflur als weitgehend autarke bauliche Einheit. Zur seelsorgerischen Betreuung der ausschließlich männlichen Gefangenen besoldete der preußische Staat Anstaltsgeistliche evangelischer und katholischer Konfession. Im Bauprogramm enthalten war ein Kapellenraum, der als staatliche Simultankirche beiden Konfessionen dient.

Das Hauptgebäude des Werler Gefängnisses entspricht dem bekannten Typus des „Vierstrahlers“ mit panoptischem System. Dies ist ein großformatiges viergeschossiges Gebäude in Kreuzform mit Mittelfluren und Gefängniszellen zu beiden Seiten. Die Flure sind allerdings zweigeteilt, mittig aber in den Geschossdecken geöffnet und über Dachfenster bis ins Erdgeschoss belichtet. Das Zentrum des Kreuzbaus erlaubt den Wachmannschaften schnellen Überblick in sämtliche vier Flügel. Der Kopf einer dieser Flügel ist als Eingangsbauwerk verändert ausgeführt. Hier liegen in den unteren beiden Geschossen die Verwaltungsräume und darüber die Anstaltskirche. Das Eingangsbauwerk ist gleichzeitig die Fassade der Justizvollzugsanstalt, bei deren Entwurf auf sakrale Bautradition zurückgegriffen wurde. In Backsteinarchitektur mit hell geputzten Feldern ist ein sogenannter Querriegel mit erhöhtem Mittelteil und mit Walmdächern aus Schiefer gestaltet. Das Mitteldach fehlt heute, da dort im Weltkrieg eine Flak-Stellung installiert war. Ein großes Kreisfenster, die frühere Turmuhr und die oberen Schallfenster erinnern zusätzlich an einen Sakralbau.

Das Innere ist ein Rechteckraum mit kleiner polygonaler Apsis und zu den Seiten je vier breiten Spitzbogenfenstern. Eingestellt ist eine Holzkonstruktion aus Stützen und oberen gerundeten Gurthölzern, die den Raum in ein Mittelschiff und zwei schmale Seitenschiffe unterscheiden. Während die Seitenschiffe flache Decken haben, ist die Mittelzone durch schräge Deckenfelder erhöht. Die Holzstützen zeigen ungewöhnliche Details in Formen des geometrischen Jugendstils, darunter gestaffelte Kapitelle mit Weizenähren-Schnitzerei. Die gerundeten Gurthölzer mit Profilkehlen und Abhänglingen zitieren Details des steinernen Gewölbebaus. Rechts und links der Apsis befinden sich Emporen mit tiefer Leibung und bauzeitlicher Holzbrüstung für den Direktor der Anstalt und weitere Personen. In ähnlichen Details ist rückseitig die Orgelempore auf fünf Holzstützen erhalten, deren Brüstung gleichermaßen von kleinen Rechtecköffnungen und sparsamen Schnitzornamenten belebt ist. Zwei Treppen mit Viertelwendung erreichen die Empore von beiden Seiten mit Treppenbrüs- tung in ähnlichen Details. Bemerkenswert ist der fünfteilige Prospekt der von der Firma Stockmann 1908 gelieferten Orgel. Die unkonventionellen Holzschnitzereien des Prospekts sind auch Zeugnisse des geometrischen Jugendstils.

Die übrige bauzeitliche Ausstattung – Kanzel, Altar, Kommunionbank, Beichtstuhl, der aufwendige Hängeleuchter – sind nicht mehr vorhanden. Heutiger Altar, Ambo und der Weihwasserständer sind Arbeiten der Ausbildungsschreinerei der Anstalt. Die Ikonen der vier Evangelisten (um 2000) sind Werke eines Inhaftierten.

Hier können Sie einen Blick in die Kirche bekommen.